Zum Heulen: Auch dieses Wolfsfell hatte ein Flugpassagier bei der Einreise im Gepäck

Foto: STANDARD/ Andy Urban

Zöllner am Wiener Flughafen ziehen derzeit verstärkt Anabolika und gefälschte Viagra-Pillen aus dem Verkehr – Von Michael Simoner

Wien – Billigflieger, günstiger Dollarkurs und vor allem der Ehrgeiz, in fernen Ländern der Wirtschaftskrise ein Schnäppchen zu schlagen – Shoppen im Ausland steht gerade zu Ostern hoch im Kurs. Doch viele Heimkehrer legen sich kurz vor dem Ausgang am Wiener Flughafen schnell noch selbst ein Ei, wenn der Zoll mit einem höflichen "Excuse me, Sir (oder Madam)" zur Kontrolle bittet. "In kargen Zeiten wird immer mehr geschmuggelt", meint Betrugsbekämpfungskoordinator Erich Fleckl vom Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien.

Seit vergangenem Dezember dürfen Waren (für die keine eigenen Bestimmungen gelten) im Wert von 430 Euro abgabenfrei eingeführt werden, doch so mancher Koffer birgt wertvollere Mitbringsel. Goldschmuck aus Dubai zum Beispiel oder die digitale Spiegelreflexkamera aus Fernost oder das Apple-Notebook aus den USA.

Doping für den Hausgebrauch

Einer der Schmuggelrenner sind derzeit Arzneiwaren, vor allem Anabolika und gefälschte Viagra-Tabletten. Im Vorjahr wurden insgesamt 112.681 Pillen beschlagnahmt. Das gefährliche Doping für den Hausgebrauch kommt hauptsächlich aus Indien, Thailand, China und Ägypten. Der Import von echten Arzneimitteln unterliegt ganz strengen Bestimmungen, die Freimengen sind sehr gering.

Reisende wissen oft nicht über Einfuhrbestimmungen Bescheid

Oft wissen Reisende gar nicht über Einfuhrbestimmungen Bescheid. Aus dem Trolley eines zur Routinekontrolle auserkorenen Geschäftsmannes aus Moskau wird gerade ein großes Glas Kaviar herausgefischt. "Erlaubt sind nur 125 Gramm pro Person", erklärt Erich Fleckl. Mehr bedeutet ein Vergehen gegen das Washingtoner Artenschutzabkommen – die gesamte Menge Kaviar ist weg, außerdem setzt es eine Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde, die Mindeststrafe beträgt 1450 Euro.

Hände weg von Muscheln oder Orchideen

"Innerhalb der letzten zwanzig Jahre gingen die Bestände der Störe im Kaspischen Meer, dem wichtigsten Produktionsgebiet für Kaviar, um 95 Prozent zurück", rechtfertigt Fleckl die "Aktion scharf". "Hände weg von Muscheln oder Orchideen", empfiehlt der Zollexperte weiter. Von Straßenhändlern ausgestellte Ausfuhrdokumente seien häufig gefälscht. Fast eine Tonne Pflanzen und Schnittblumen wurden 2008 am Flughafen einkassiert. Außerdem: 1127 Kilo Fleischprodukte, 2250 Kilo Milchprodukte und sechs Braunbärfelle.

Abschreckende Highlights

In einem Glaskasten am Flughafen haben die Zöllner andere abschreckende Highlights sortiert: Ein ausgestopfter Wolf fletscht da neben Figuren aus Tropenhölzern die Zähne, Kroko-Taschen liegen neben in Schnapsflaschen eingelegten Cobras und Skorpionen. Kaum Einsicht gibt es bei Reisenden, wenn sie angeblich nur "vergessen" haben, teure Waren zu deklarieren. Doch wer durch den sogenannten Grünkanal gegangen ist, muss dann nachverzollen und Strafe zahlen.

Hohe Bargeld-Beträge deklarieren

Ist das Börsel mit mehr als 10.000 Euro Bargeld gefüllt, muss gleich noch einmal geblecht werden, denn derartige Beträge müssen bei der Einfuhr deklariert werden. Wenig Verständnis zeigen die Zöllner bei nachgemachten Markenprodukten. Textilien, Handys, Uhren und DVDs sind die illegalen Verkaufsschlager der Produktpiraten. Insgesamt 11.625 Fälschungen wurden im Vorjahr Flugpassagieren abgenommen. "Wer gefälschte Produkte kauft, schädigt die Wirtschaft und gefährdet Arbeitsplätze", mahnt Fleckl.

Der Zoll wolle niemandem die Shopping-Tour vermiesen, aber manchmal sei auch bei großzügiger Auslegung der Gesetze kein "guter Wille" mehr möglich. Etwa dann, wenn Einreisende ein teures Paar Maßschuhe auf zwei Personen aufteilen wollen. Auch ein 30-teiliges Service sei unteilbar. Hemd und Krawatte dagegen schon. Wer sich nicht sicher ist, sollte auf jeden Fall den "Rotkanal" (Waren zu deklarieren) benützen, empfiehlt Fleckl. "Fragen kostet ja nichts, und wenn doch Abgaben anfallen, ist das immer noch billiger, als Strafe zu zahlen."(Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe 9.4.2009)